Rene Kaplick

Blitzbriefing "Deutschland-Pakt"

Im Kanzleramt nichts neues

Foto: Tobias KochFoto: Tobias Koch

In der Generaldebatte des Deutschen Bundestages am 6. September 2023 hat Bundeskanzler Scholz einen „Deutschland-Pakt“ als Bündnis zwischen Bund, Ländern, Kommunen und demokratischer Opposition vorgeschlagen. Interessanterweise spricht das Papier vom Bundeskanzler und nicht von der Bundesregierung als Einheit – wir hören, dass sein Vorstoß wie in der Ampel üblich in der Koalition nicht abgestimmt ist.

Der Vorschlag enthält mehrere Vorhaben zu Planungsbeschleunigung, Wachstumsförderung, Digitalisierung und Migration. Keines der im „Pakt“ genannten Vorhaben ist neu: Sämtliche Vorschläge sind bereits früher kommuniziert worden. Zahlreiche der genannten Vorhaben werden bereits seit Monaten von der Bundesregierung verschleppt.

Im Einzelnen nennt der Bundeskanzler folgende Punkte:

  • Bund und Länder sollen einen „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ bilden. Der Bundeskanzler will das allgemeine Verfahrensrecht beschleunigen und digitalisieren, Vereinfachungen beim Bau von Gebäuden erreichen, sowie Straßen- und Schienenprojekte beschleunigen. Tatsächlich wurde ein erster Entwurf für einen solchen Pakt bereits Ende 2022 erarbeitet. Danach ging es mehrere Monate nicht voran, weil das Kanzleramt lange nichts lieferte. Mehrere Bundesländer haben deswegen bereits im März ein Beschwerdeschreiben an Bundeskanzler Scholz gesandt.

  • „Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum stärken“. Hier nennt der Bundeskanzler drei bereits beschlossene oder bereits begonnene Vorhaben: Das Mini-Wachstumschancengesetz, die Nutzung des Klima- und Transformationsfonds zur Förderung von Investitionen insb. in Halbleiterproduktion, sowie ein Gesetz zur Startup-Gründung.

  • „Verwaltung modernisieren und digitalisieren“: Auch hier erfahren wir nichts Neues; der Abschnitt erschöpft sich in Eigenlob für die (schleppende) Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG).

  •  „Mehr Fachkräfte gewinnen und irreguläre Migration begrenzen.“ Weder zu Fachkräften noch zur Begrenzung irregulärer Migration kommen hier neue Vorschläge: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist von der Ampelkoalition beschlossen, unsere Vorschläge für eine Vereinfachung und Digitalisierung der Fachkräfteeinwanderung durch eine neue, digitale Bundesagentur für Einwanderung hat die Koalition nicht aufgegriffen. Dennoch fordert sie nun eine Entbürokratisierung der Verfahren – ohne konkret zu werden. Zur Begrenzung der irregulären Migration ist der „Pakt“ des Bundeskanzlers völlig ohne Aussage: Hier werden noch nicht einmal die bereits in der Ministerpräsidentenkonferenz von Mai 2023 vereinbarten Punkte wiederholt.

Bereits im März haben die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, Hendrik Wüst und Stephan Weil, einen Brief an Bundeskanzler Scholz geschickt, in dem sie Fortschritte bei der Planungsbeschleunigung einfordern. Seitdem ist fast ein halbes Jahr vergangen – und der Bundeskanzler verkauft Vorschläge, die teilweise schon lange diskutiert werden, als „Deutschland-Pakt“.

Wir leben in politischen Ausnahmezeiten. Es geht um das große Ganze: Die Zukunft unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und die Freiheit in Europa. In diesen besonderen Zeiten kommen der Bundesregierung zwei herausragend wichtige Aufgaben zu: Sie muss nach außen die Freiheit Deutschlands sichern, und sie muss im Inneren den Wohlstand unseres Landes erhalten. Der vorliegende Vorschlag für einen „Deutschland-Pakt“ wird diesem Anspruch in keiner Weise gerecht.

Den blumigen Aussagen des Bundeskanzlers für einen „Pakt“ stellen wir ein konkretes Maßnahmenbündel entgegen: Deutschland braucht ein Belastungsmoratorium, das heißt einen sofortigen Stopp aller die Wirtschaftsaktivität drosselnder Gesetze. Privathaushalte und Unternehmen benötigen günstigere Energie. Das geht nur durch eine Ausweitung des Angebots und die Reduzierung der Stromsteuer. Arbeit und Leistung müssen sich wieder lohnen: Die Sozialabgaben müssen bei 40 Prozent gedeckelt werden; die Gesamtsteuerbelastung von Unternehmen darf 25 Prozent nicht überschreiten. Der Soli gehört abgeschafft. Im Bereich Bauen und Wohnen brauchen wir eine Förderung des Wohnungsbaus durch verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und verlässliche und auskömmlich finanzierte Förderprogramme.

Als konstruktive Opposition stehen wir jederzeit für Gespräche zur Verfügung, um die richtigen politischen Entscheidungen für Deutschland zu treffen. Wir werden daher bereits in der nächsten Sitzungswoche eine ganze Reihe von Maßnahmen imBereich der Wirtschaftspolitik zur Abstimmung stellen. Auch werden wir Maßnahmen im Bereich der Migrationspolitik zur Abstimmung stellen, die der Bundeskanzler bereits mit den Ministerpräsidenten vereinbart, aber immer noch nicht umgesetzt hat. Wir werden sehen, wie ernst es die Ampel mit dem Angebot zur Zusammenarbeit meint.